
Wall Street wird nervös: Nvidia glänzt mit Zahlen doch Tech Aktien rutschen deutlich ab
Nvidia meldet starke Quartalszahlen und profitiert weiter vom KI Boom. Trotzdem drehen US Indizes und Technologiewerte deutlich ins Minus. Anleger fürchten überzogene Bewertungen und eine anhaltend harte Zinspolitik.
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Nvidia meldet starke Quartalszahlen und profitiert weiter vom KI Boom. Trotzdem drehen US Indizes und Technologiewerte deutlich ins Minus. Anleger fürchten überzogene Bewertungen und eine anhaltend harte Zinspolitik. Trotz glänzender Quartalszahlen von Nvidia (ISIN: US67066G1040, WKN: 918422) ist die jüngste Erholung an den Aktienmärkten abrupt gestoppt worden. Nach kräftigen Gewinnen zur Eröffnung drehten die großen US Indizes am Donnerstag klar ins Minus. Vor allem Technologiewerte gerieten unter Druck.
Die Nvidia Aktie rutschte nach zeitweise starken Kursgewinnen am Ende mehr als 3 % ab. Der S&P 500 verlor rund 1,6 % der technologielastige Nasdaq gab über 2 % nach. Weltweit liegt der MSCI Index für Aktien im laufenden Monat bereits mehr als 3 % im Minus. Anleger stellen die hohen Bewertungen der großen Technologiekonzerne wieder offen in Frage.
Starke Nvidia Zahlen treffen auf wachsende Bewertungsangst
Nvidia profitiert weiter massiv vom Investitionsschub in Künstliche Intelligenz. Der Konzern übertraf die Erwartungen deutlich und legte erneut hohe Umsätze und Gewinne vor. Viele Investoren hatten gehofft dass damit auch die gesamte KI Story an der Börse erneut bestätigt wird. Stattdessen löste der Bericht nur eine kurze Erleichterungsrally aus bevor die Kurse drehten.
Mark Hackett Chefstratege beim Versicherer Nationwide sprach laut Reuters von einem koordinierten Risk Off Handel über Tech Aktien und Krypto hinweg. Die Tatsache dass die Verkäufe erst im Tagesverlauf einsetzten wertete er als Zeichen für Ermüdung im Markt und nicht für einen klassischen Schock zu Handelsbeginn.
Zwar sehen viele Analysten in Nvidia weiterhin einen zentralen Profiteur des KI Ausbaus doch die Zweifel richten sich zunehmend auf die Frage ob die gewaltigen Investitionen der Branche in den nächsten Jahren ausreichend Rendite bringen. Angelo Kourkafas globaler Anlagestratege bei Edward Jones sagte laut Reuters die Zahlen seien ermutigend und stützten die KI Erzählung er spüre aber breite Skepsis ob KI innerhalb von ein bis drei Jahren die erwarteten Erträge liefern werde.
Hinzu kommt die Bewertung. Der US Technologiesektor im S&P 500 wird laut Reuters derzeit zu einem vorausschauenden Kurs Gewinn Verhältnis von rund 30 gehandelt der Zehnjahresschnitt liegt bei gut 22. Der Vergleich mit der Dotcom Phase der neunziger Jahre wird an den Märkten wieder häufiger gezogen. Analyst David Trainer beziffert den freien Cashflow von Nvidia auf rund 60 Mrd. USD in den vergangenen zwölf Monaten und warnt dass der Konzern langfristig auf mehr als 2,1 Bio. USD freien Cashflow pro Jahr kommen müsste um die aktuelle Bewertung zu rechtfertigen.
Zinsunsicherheit und US Arbeitsmarkt drücken auf die Stimmung
Neben den Bewertungsfragen belastete auch die Zinsdebatte. Ein verspätet veröffentlichter Arbeitsmarktbericht der US Regierung zeigte für September einen Beschäftigungsaufbau von 119.000 Stellen außerhalb der Landwirtschaft und lag damit über den Erwartungen. Für viele Marktteilnehmer ist das ein Signal dass die US Notenbank im Dezember wohl zum dritten Mal in Folge keine Zinssenkung beschließen wird.
Die Investmentbank Morgan Stanley strich daraufhin ihre Prognose einer erneuten Senkung um 25 Basispunkte zum Jahresende. Höhere Leitzinsen treffen insbesondere wachstumsstarke und hoch bewertete Unternehmen da künftige Gewinne stärker abgezinst werden. Das macht gerade KI Werte anfällig für Rückschläge wenn die Stimmung kippt.
Art Hogan Chefstratege bei B Riley Wealth beschrieb die Lage laut Reuters so dass die Notenbank weiter im Nebel fahre und Anleger kurzfristig kaum Unterstützung von der Geldpolitik erwarten könnten. Positiv wertete er allerdings dass vor allem die spekulativen Ränder des Marktes nun eine überfällige Korrektur durchlaufen.
Blasenwarnungen und Klumpenrisiken bei den Magnificent Seven
Im Zentrum der Nervosität stehen die sogenannten Magnificent Seven also eine Handvoll Mega Caps aus dem US Technologiesektor darunter Nvidia und Meta Platforms (ISIN: US30303M1027, WKN: A1JWVX). Ihre Kursgewinne der vergangenen Jahre haben die großen Indizes stark nach oben gezogen und zugleich die Abhängigkeit vieler Portfolios von wenigen Einzeltiteln erhöht.
Seema Shah Chefstrategin bei Principal Global Investors erklärte laut Reuters die Sorgen rund um den Technologiesektor würden bleiben. Jede Berichtssaison führe die gleichen Fragen zur starken Konzentration im Markt wieder an die Oberfläche. Sie selbst sei zwar insgesamt weiter übergewichtet in US Aktien achte aber stärker auf Diversifikation und schaue daher verstärkt auf europäische Titel.
Mark Haefele Chief Investment Officer von UBS Global Wealth Management warnte in einer Präsentation zum Ausblick für 2026 nach Reuters Angaben dass Investoren Blasenrisiken ernst nehmen müssten. Die Parallelen zur Dotcom Zeit seien zwar nicht eins zu eins übertragbar die Mischung aus hoher Bewertung großer Begeisterung und wachsender Verschuldung im Tech Sektor erinnere aber an frühere Übertreibungsphasen.
Der französische Vermögensverwalter Amundi hält sich bei den Mega Caps bereits zurück. Laut Unternehmensangaben ist die Gruppe der Technologieriesen in vielen Portfolios zwar weiterhin enthalten wird aber über Derivate abgesichert die bei Bedarf schnelle Verkäufe ermöglichen. Für viele professionelle Investoren scheint die Devise zu gelten die KI Erzählung weiter mitzuspielen ohne ihr ungeschützt ausgeliefert zu sein.