
Teurer Aktienmarkt: Morningstar sieht Ölaktien unterbewertet
Das Forward-KGV im S&P 500 nähert sich trotz zweistelligem Gewinnwachstum seinen historischen Höchstwerten, weite Teile des Aktienmarktes gelten als überbewertet. Ein Ausweg könnten Ölaktien sein - meint zumindest Morningstar.
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Morningstar hält den Aktienmarkt für insgesamt hoch bewertet, nennt in einem aktuellen Bericht jedoch drei unterbewertete Sektoren: Öl, Immobilien und Kommunikation.
Die Unterbewertung im Kommunikationssektor ist vor allem auf die Anhebung des fairen Wertes für Alphabet (ISIN: US02079K1079, WKN: A14Y6H) und die jüngsten Kursverluste bei Meta (ISIN: US30303M1027, WKN: A1JWVX) zurückzuführen, die nun 20 % bzw. 25 % unter ihrem fairen Wert notieren. Diese beiden Aktien repräsentieren über 70 % der Marktkapitalisierung des Sektors, den Morningstar als den "am meisten unterbewerteten" Sektor sieht.
Auch Immobilien seien weiterhin "deutlich unterbewertet" - und könnten von den Zinssenkungen der US-Notenbank Federal Reserve profitieren. Doch die Auswahl der richtigen Segmente ist wichtig: "Wir bevorzugen weiterhin Immobilien mit defensiven Eigenschaften und meiden Büroflächen in Stadtzentren", heißt es in dem Bericht.
Ölaktien bei 60 USD pro Barrel WTI unterbewertet
Am interessantesten für Anleger dürfte dieser Hinweis sein: "Grundsätzlich sind wir der Ansicht, dass Ölaktien unterbewertet sind." Bei den Bewertungsmodellen gehen die Analysten dabei vom Terminpreis für die nächsten beiden Jahre und der eigenen Ölpreisprognose von 60 USD pro Barrel WTI aus. "Darüber hinaus glauben wir, dass Ölunternehmen Anlegern eine natürliche Absicherung in ihrem Portfolio bieten, falls die Inflation wieder anziehen oder geopolitische Risiken die Ölpreise in die Höhe treiben sollten", schreibt Analyst David Sekera.
Der Energiesektor an sich sei dagegen überbewertet. "Zwar berücksichtigen wir den gestiegenen Strombedarf in unseren Finanzprognosen, da KI-Computing ein Vielfaches an Energie benötigt als herkömmliches Computing, doch sind wir der Ansicht, dass der Markt das Wachstum zu lange überschätzt", so Sekera. Auch defensive Konsumgütertitel, Finanztitel und Industrieunternehmen seien überbewertet.
Günstige Ölaktien: Devon, SLB, Oneok
Welche Ölaktien sind günstig? In einem Bericht vom 27. Oktober nannte Morningstar Analystin Tori Brovet mehrere konkrete Optionen.
Das Öl- und Gasexplorations- und -produktionsunternehmen Devon Energy (ISIN: US25179M1036, WKN: 925345) weist ein Forward-KGV von 9,20 und ein KBV von 1,34 auf. Die Dividendenrendite liegt knapp unter 3 %.
Das Ölfeldserviceunternehmen SLB (ISIN: AN8068571086, WKN: 853390) wird derzeit mit dem 12,5-fachen der erwarteten Gewinne gehandelt und bietet eine Dividendenrendite von 3,1 %. Der Midstream-Dienstleister Oneok (ISIN: US6826801036, WKN: 911060) wird mit einem Forward-KGV von 11 bewertet und bietet eine Dividendenrendite von mehr als 6 %.
Die Bewertungen sind damit im Vergleich zum Gesamtmarkt trotz der niedrigen Ölpreise günstig. Zumindest aus technischer Sicht gibt es etwas Hoffnung für den Ölmarkt: Der WTI-Wochenchart zeigt, dass im seit 2023 bestehenden Abwärtstrend zuletzt kein neues Tief mehr markiert wurde.
Höchstes Forward KGV im S&P 500 seit mehr als fünf Jahren
Die Aktienmärkte der Industrieländer gelten derzeit als hoch bewertet. Diese Auffassung stützen auch neue Daten von FactSet. Demnach lag das erwartete 12-Monats-Forward-KGV des S&P 500 am 29. Oktober bei 23,1. Damit liegt das Forward KGV über den historischen Durchschnittswerten für 5 Jahre (19,9), 10 Jahre (18,6), 15 Jahre (17,0), 20 Jahre (16,1) und 25 Jahre (16,3).
Der Höchstwert der letzten 30 Jahre lag bei 24,4. In zehn Branchen lag das 12-Monats-Forward-KGV über dem 25-Jahresdurchschnitt, darunter Informationstechnologie (32,0 gegenüber 20,3), zyklische Konsumgüter (29,2 gegenüber 20,1), Industrie (24,5 gegenüber 17,0).
Die durchschnittlichen Analystenschätzungen für die Gewinne im S&P 500 liegen auf einem Rekordwert von 268,30 USD im Kalenderjahr 2025 und 304,88 USD im Kalenderjahr 2026. Ohne diesen Anstieg der Gewinnschätzungen läge das Forward-KGV noch höher.
Zuletzt war das (gemeldete) Gewinnwachstum im S&P 500 stark. So stieg die (gemittelte) Gewinnwachstumsrate in der laufenden Berichtssaison für das dritte Quartal von 9,1 % auf 10,7 %. Sollte es dabei bleiben, wäre es das vierte Quartal mit zweistelligem Gewinnwachstum in Folge: Das gab es FactSet zufolge zuletzt vom ersten bis zum vierten Quartal 2021.

