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Tech-Sektor liegt vornDer IPO-Markt kommt in Schwung - jetzt sogar in Europa

Der globale Markt für Börsengänge entwickelt sich günstig, im Frühherbst kam die Belebung sogar im vergleichsweisen ruhigen Europa an. Deutschland bleibt trotz einzelner Erfolge abgeschlagen.

von Verumo-Redaktion

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Titelbild: picture-alliance / dpa / Frank May

Der globale IPO-Markt entwickelt sich in diesem Jahr trotz der Handelsstreitigkeiten stark. Im dritten Quartal 2025 gingen weltweit 370 Unternehmen an die Börse - ein Plus von 19 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das Volumen legte laut einer Auswertung von Ernst & Young sogar noch stärker zu: 48,3 Mrd. USD wurden mit dem Gang aufs Parkett erlöst und damit 89 % mehr als ein Jahr zuvor.

In den ersten neun Monaten erreichten 914 IPOs ein Platzierungsvolumen von 110,1 Mrd. USD - 41 % mehr als im Vorjahr. Ganz vorn liegen nicht überraschend die USA. Mit 81 Börsengängen und 33 Milliarden USD Volumen in den ersten drei Quartalen hat sich die Aktivität gegenüber dem Vorjahr (121 IPOs und 27,3 Mrd. USD Erlös) deutlich erhöht.

USA dominieren globalen IPO-Markt - auch durch ausländische Börsengänge

Dies ist allerdings weniger auf die Stärke der US-Wirtschaft als auf die herausgehobene Bedeutung der USA als Kapitalmarkt zurückzuführen. Rund die Hälfte der IPOs wurde durch ausländische Unternehmen durchgeführt. Im Hinblick auf die Sektoren gibt es einen klaren Trend: Technologie führt mit 23,8 Milliarden USD Emissionsvolumen in den ersten neun Monaten, gefolgt von Mobility (14,2 Mrd. USD) und Real Estate (13,2 Mrd. USD).

M&A-Experte Caspar Graf Stauffenberg erläutert dazu: "In den USA ist das (...) durch IPOs aufgenommene Kapital, per September schon 29 % mehr als im gesamten Jahr 2024. Und 2024 war es schon 42 % mehr als 2023."

In Europa sieht es bezogen auf das Gesamtjahr weniger gut aus. Bislang wurden in diesem Jahr 73 IPOs mit einem Volumen von 9,4 Mrd. USD durchgeführt. Im vergangenen Jahr waren es 97 IPOs mit 15,4 Mrd. USD Volumen.

Nach dem Sommer ist jedoch auch der IPO-Markt in Europa in Schwung gekommen. "Das IPO-Fenster nach dem Sommer war gemessen an der Anzahl der Transaktionen bereits das erfolgreichste September-Oktober-Fenster seit 2021", sagt etwa Thorsten Zahn, Deutschlandchef der Equity-Capital-Markets-Aktivitäten von J.P. Morgan. Auch die Auftragspipeline weite sich aus.

Im Zeitfenster September/Oktober wurden 22 IPOs mit einem Gesamterlös von 8,5 Mrd. USD durchgeführt. Die Hälfte der Börsengänge verzeichnete ein Volumen von mehr als 50 Mio. EUR. Zahn sieht ein verbessertes Umfeld - "besonders für die USA, die ihr geschäftigstes IPO-Quartal seit 2021 hatten, und zeitversetzt bald auch für Europa."

IPO-Markt zeigt Anzeichen von Stärke

Er sieht mehrere Anzeichen für die Stärke des IPO-Marktes. So sei die Breite der vertretenen Sektoren, die häufige Einbindung von Ankerinvestoren und die immer schnellere Ausführung der IPOs zur Minimierung des Marktrisikos "bemerkenswert". Zudem habe es sehr hohe Überzeichnungsraten und engere Preisspannen gegeben, die Rabatte seien knapper ausgefallen.

Ein weiteres gutes Zeichen: Die meisten IPOs waren aus Anlegersicht erfolgreich. Das größte Kursplus erreichte der Stromnetzausrüster Pfisterer (ISIN: DE000PFSE212, WKN: PFSE21) mit 146 %. Aber auch der Schweizer Sicherheitsdienstleister Verisure (ISIN: GB00BVMN1558, WKN: A41MLK) und die schwedische Bank Nova (ISIN: SE0023135298, WKN: A40U85) konnten gegenüber dem Ausgabepreis zulegen.

In Deutschland gab es bis Mitte Oktober neben Pfisterer vier weitere IPOs: Innoscripta (ISIN: DE000A40QVM8, WKN: A40QVM), TIN INN (ISIN: DE000A40ZTT8, WKN: A40ZTT), Aumovio (ISIN: DE000AUM0V10, WKN: AUM0V1) und Ottobock (ISIN: DE000BCK2223, WKN: BCK222).

Am kommenden Montag steht der Spin-Off der ThyssenKrupp U-Boot Tochter TKMS an. Auch ein zweiter Anlauf der Münchner Medizintechnikfirma Brainlab (der erste Börsengang war kurz vor der Sommerpause vertagt worden) gilt als möglich. Größere IPOs wie etwa vom Aufzugshersteller TK Elevator, der BASF-Agrarchemie und dem Panzerkonzern KNDS sind dagegen erst im nächsten oder übernächsten Jahr zu erwarten.

Für Deutschland relevant ist der Umstand, dass die Emissionserlöse in Stockholm in diesem Jahr fast sechsmal so groß sind wie jene in Frankfurt (das noch vor London rangiert) - und dass sich einige Unternehmen gegen einen Börsengang und für andere Wege der Kapitalbeschaffung entschieden haben. Dazu gehört etwa der Stromnetzbetreiber Ethernet, der sich 9,5 Milliarden EUR über eine Privatplatzierung beschaffte. Auch der Pharmahersteller Stada entschied sich für diesen Weg.