
Neuer Turbo für IPOs: Berlin will Börsengänge erleichtern und Kapitalzugang verbreitern
Das Kabinett hat einen Gesetzentwurf beschlossen, der Start-ups leichteren Kapitalzugang und flexiblere Börsengänge ermöglichen soll.
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Die Bundesregierung hat einen Entwurf verabschiedet, der den Finanzierungsrahmen für kleine Unternehmen und Start-ups verbessern soll. Kernpunkte sind eine Reform der steuerlichen Bedingungen für Wagniskapital, die Möglichkeit englischsprachiger Wertpapierprospekte und die Absenkung des Mindestnennwerts von Aktien auf einen Cent.
Ziel ist es, Platzierungen flexibler zu strukturieren und die EU-weite Vermarktung von Emissionen zu erleichtern. Finanzminister Lars Klingbeil nannte junge, innovative Firmen "einen Motor für Investitionen, Wachstum und gute Jobs".
Was die Neuerungen für Börsengänge praktisch bedeuten
Englische Prospekte senken Transaktionskosten und reduzieren Übersetzungsrisiken in komplexen Platzierungen; die Cent-Nennwerte erhöhen die Gestaltungsfreiheit bei Preisband und Allokation. Zusammen mit EU-Reformen - etwa dem "EU Listing Act", der die Prospektregeln für Sekundäremissionen vereinfacht - entsteht ein kohärenterer Rechtsrahmen für Kapitalmaßnahmen. Für Wachstumsunternehmen ist das ein Baustein, um Prozesse zu beschleunigen und internationale Investoren zielgenauer anzusprechen.
Analysten sehen Rückenwind, verweisen aber auf Pipeline und Kosten
Berater aus dem Equity-Capital-Markets-Geschäft erwarten eine Belebung des Angebots, sobald die Marktvolatilität beherrschbar bleibt. Frankfurt und Zürich gelten laut Marktteilnehmern derzeit als aussichtsreiche Listing-Standorte; mehrere große Kandidaten stehen in den Startlöchern.
Laut Reuters könnten die Reformen helfen, diese Pipeline abzusichern, ersetzen aber nicht die Notwendigkeit tragfähiger Bewertungen und belastbarer Equity-Stories. Für Investoren bleibt entscheidend, ob die Emittenten mit klaren Wachstums- und Profitabilitätspfaden überzeugen.
Neue Reformen bauen auf bisherigen Modernisierungsschritten auf
Bereits mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) wurden seit Ende 2023 Elemente des Kapitalmarktrechts modernisiert, darunter Optionen, die Gründerkontrolle über Mehrstimmrechtsaktien (Dual-Class-Shares) zu stärken und Mitarbeiterbeteiligungen zu fördern.
Der neue Entwurf knüpft hier an, indem er Emissionspraxis und Steuerrahmen weiter an internationale Standards angleicht. Kritische Stimmen erinnern jedoch daran, dass flankierende Paketbestandteile - etwa die diskutierte Entlastung der Gastronomie-Umsatzsteuer - fiskalische Spielräume beanspruchen und nicht zielgenau die Eigenkapitalmärkte stärken. Für Anleger heißt das: Chancen auf mehr Deal-Flow ja, aber Qualitätsscreening bleibt zentral.