
Sektor-Rotation vertagt: US Aktien steigen trotz hoher Bewertung weiter
Anleger suchen den Dip, doch er bleibt aus: Nach der Fed-Senkung sieht Morgan Stanley-Stratege Andrew Slimmon gute Chancen für weiter feste Kurse bei Technologie-, Finanz- und Industriewerten. Eine breite Rotation hält er im vierten Quartal für unwahrscheinlich.
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Der US-Aktienmarkt notiert nahe Rekordständen, doch der vielbeschworene "große" Rücksetzer könnte ausbleiben. Andrew Slimmon, Senior-Portfoliomanager für US-Aktien bei Morgan Stanley, rechnet bis Jahresende eher mit einer Atempause als mit einer Korrektur. "Man muss bei Technologie, Finanzwerten und Industrie dabeibleiben", sagte er laut MarketWatch. Selbst wenn diese Bereiche kurzfristig überkauft wirkten, spreche die Konstellation aus Zinssenkung und solider Konjunktur für weiter anhaltende Stärke.
Fed Zinsentscheidung stützt Aktien
Die US-Notenbank hat am 17.09. den Leitzins wieder gesenkt. Slimmon wertet die Entscheidung als "No-Recession-Cut" und erinnert daran, dass in vergleichbaren Phasen die Kurse historisch eher steigen. Höher bewertete Wachstumswerte profitieren in diesem Drehbuch überdurchschnittlich. Bereits seit der Jackson-Hole-Rede Ende August, in der Fed-Chef Powell den Weg zu Senkungen geöffnet habe, zeige sich dieses Muster am Markt, so Slimmon.
Die großen Indizes markierten zuletzt neue Höchststände, auch wenn die Sitzung am Dienstag schwächer endete. Der S&P 500 gab um 0,6 % nach, der Dow Jones verlor 0,2 % und die Nasdaq sank um 0,9 %, berichtet Dow Jones Market Data. Auf Jahressicht liegt der S&P 500 dennoch bei plus 13,2 %. Der IT-Sektor des S&P 500 kommt laut FactSet auf +20,5 % seit Jahresbeginn.
Gewinner des Jahres bleiben Favoriten
Größere Stilwechsel erwartet Slimmon vorerst nicht. "Große Rotationen kommen typischerweise nicht im vierten Quartal", sagte er. Die bisherigen Gewinner dürften weiter laufen. Der Roundhill Magnificent Seven ETF, der die sieben großen Tech-Schwergewichte gleich gewichtet, legte seit Jahresbeginn fast 19 % zu. Viele Anleger warteten mit Liquidität am Seitenrand auf einen Einstieg. Da Geldmarktfonds mit sinkenden Leitzinsen weniger attraktiv werden, suche Kapital "ein besseres Zuhause", so Slimmon.
Auch jenseits der "Big Tech" sieht er Chancen: In der Industrie biete die fortschreitende Infrastruktur für Künstliche Intelligenz neue Aufträge. Innerhalb des Finanzsektors sprängen insbesondere Investmentbanken an. Das werte er als Vorzeichen für mehr Börsengänge und Fusionen in einer Wirtschaft, die weiter expandiert, wie MarketWatch berichtet.
Hohe Bewertung und Anleiherenditen als Risiken
Sorgen bereitet die Bewertung: Der S&P 500 gilt im historischen Vergleich als teuer, getrieben von Titeln mit KI-Bezug. Slimmon hält dagegen, dass die US-Wirtschaft widerstandsfähiger sei als erwartet und die Gewinnschätzungen für 2025 und 2026 eher zu niedrig sein könnten. Er verweist darauf, dass Unternehmen teils Kosten senken, um Zölle auszugleichen, und dadurch Margen stabil halten. Das könne zur jüngsten Abkühlung am Arbeitsmarkt beigetragen haben, da Firmen Neueinstellungen zurückfahren.
Das größte Risiko sieht Slimmon in einem höheren langfristigen Zins. Sollte die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe in einer starken Konjunktur trotz Fed-Senkungen steigen, würde das Bewertungsmodelle belasten. Zuletzt lag sie um 4,1 %. Ein anhaltend fester Realzins könnte eine Verbreiterung der Rallye hemmen. Gleichwohl bleibt Slimmon bei der Grundtendenz: "So gestreckt der Markt auch wirkt, es dürfte eher eine Atempause als eine Korrektur geben."