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Manipulierter MarktProfessoren äußern sich skeptisch zu Bitcoin und Krypto

Zwei Frankfurter Investoren äußern sich unabhängig voneinander eher skeptisch zu Bitcoin und Krypto. In den Äußerungen finden sich klare Warnungen für Kleinanleger.

von Verumo-Redaktion

Lesezeit 6 min
Titelbild: picture alliance / Westend61 / Gary Waters

Günter Christian Rieck ist Professor an der Fachhochschule Frankfurt University of Applied Sciences und dort Studiengangsleiter für International Finance. Im Gespräch mit "Börse Online" äußert er den Verdacht, viele Käufer von Bitcoin wüssten gar nicht, in was sie eigentlich investieren.

Bitcoin ist Spekulation darauf, dass die Welt sich ändert

"Die meisten, glaube ich, machen sich nach wie vor nicht klar, worin sie dann eigentlich investieren. Das ist keine Aktie. Das muss man sich wirklich klar machen", erklärt er. Bitcoin sei "eine Spekulation darauf, dass sich die Welt in Zukunft ändert. Das ist die Idee, die man dahinter hat", so Rieck.

Dies müsse zwar nicht zwangsläufig eine schlechte Wette sein, Investoren müssten sich ihrer Position aber bewusst sein. "Dieses Huddeln, wie das ja dort genannt wird, ist ja letztlich die Vorgehensweise, dass man sagt, man kauft und dann guckt man nicht mehr hin", so Rieck.

Dieser Buy & Hold Ansatz könne in anderen Märkten vorteilhaft sein. Bei Bitcoin bestehe jedoch eine andere Problematik.

Auch Co-Pierre Georg, Professor of Practice in Digital Finance and Technology an der Frankfurt School of Finance & Management, äußerte Bedenken hinsichtlich des Hypes um Kryptowährungen wie Bitcoin.

Georg ist ein anerkannter Experte auf dem Gebiet der Blockchain-Technologie und der Frage, wie Technologie das Finanzsystem wandelt. Im Interview mit "Capital" warnt er Anleger vor dem Einstieg.

"Wir erleben im Moment einen Hype, der durch Kommunikation in sozialen Medien befeuert wird. Dass Donald Trump zuletzt seinen eigenen Memecoin herausgebracht hat, ist bezeichnend."

"Müssen Kleinanleger deutlich vor den Risiken warnen"

Er fühlt sich an Warnsignale zur Zeit der Finanzkrise erinnert, nur dass die Warnungen konzentrierter seien als damals. "Wir haben ein Level erreicht, an dem wir Kleinanleger deutlich vor den Risiken warnen müssen."

Georg appelliert, die Blockchain-Technologie von Kryptowährungen zu unterscheiden. "Krypto ist für mich eine Auskopplung, die rein spekulativen Zwecken dient." Für zwei von drei Motiven für Geldnachfrage – Transaktion und Wertaufbewahrung – seien Kryptowährungen ungeeignet. Deshalb bleibe nur das dritte Motiv: Spekulation.

"Ich habe lange bei der Bundesbank gearbeitet und tiefe Einblicke in die Funktionsweisen von Zahlungssystemen erhalten. Selbst die beste Blockchain ist teurer, langsamer und umweltschädlicher als zum Beispiel unser Target2-System", so der Professor.

Auch beim Narrativ, dass Kryptowährungen wie XRP weniger entwickelte Länder an die globale Finanzwelt anschließen könnten, will Georg nicht mitgehen. Zu Banken hätten die Menschen dort keinen Zugang, weil sie kein Einkommen oder keine Kredithistorie vorweisen könnten. Dies und nicht die technologischen Möglichkeiten seien das wahre Problem.

Investment in Bitcoin sprengt jede vernünftige Risikogrenze

Zur Wertaufbewahrung eigne sich Bitcoin nicht: "Wenn ich Bitcoin in ein klassisches Asset-Pricing-Modell einsetze, das mir zeigt, wie viel ich von jeder Anlageklasse besitzen soll, zeigt es mir bei Bitcoin einen Wert von null an. Ein Investment in Bitcoin sprengt jede vernünftige Risikogrenze."

Auch ein Vergleich mit Gold sei nicht angebracht, da der Goldmarkt transparent sei und alle Marktteilnehmer nachvollziehen könnten, wie sich der Kurse bilden. Bei Kryptowährungen sei dies anders. "Wir wissen nicht, wer die Leute hinter den großen Bitcoin-Beständen sind oder nach welchen Regeln sie handeln."

Er verweist zudem auf die ungleiche Verteilung der Bestände. Nie zuvor habe es eine stärkere Vermögenskonzentration auf weniger Menschen gegeben als beim Bitcoin.

Das Spekulationsmotiv an sich will Georg nicht verteufeln. Am Aktienmarkt etwa trage Spekulation dazu bei, gute von weniger guten Firmen zu unterscheiden und klare Informationen zu generieren. Spekulation in einem intransparenten, unregulierten Markt wie Krypto jedoch schaffe nicht unbedingt Informationen und sei hochriskant.

Krypto als kleiner, hochgradig manipulierter Markt

Von einer Blase im technischen Sinne ist der Experte nicht überzeugt. "Man muss Krypto eher als kleinen Markt verstehen, der hochgradig manipuliert ist. In einem solchen Modell sind diese Preisbewegungen gar nicht mehr so verrückt."

Er nennt auch ein Beispiel: So gebe es "Evidenz", dass der letzte Boom-Zyklus von der Börse Bitfinex getrieben wurde. Bitfinex habe dazu Kredite vom Stablecoin Tether (ein Schwesterunternehmen) erhalten, um Bitcoin zu kaufen.

"In der regulierten Bankenwelt würden hier sämtliche Alarmglocken angehen. Das ist eines von vielen Zeichen, dass sich der Markt die Preise selbst macht", so Georg.

Wann könnten die Kurse wieder fallen? Auch dazu hat der Blockchain-Experte eine klare Meinung. "Wenn Bitcoin-Wetten wie Microstrategy und Tether in Probleme geraten, Menschen einfach kritischer werden, oder die Politik einschreitet, dann geht es sehr schnell nach unten."