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KryptowährungenUS-Banken fürchten wegen verzinster Stablecoins um 6,6 Billionen USD Einlagen

Stablecoins können in Wallets von Kryptobörsen Erträge erzielen, die Banken nicht bieten dürfen. Die Institute fürchten Einlagenschwund: Abflüsse von 6,6 Billionen USD stehen im Raum.

von Verumo-Redaktion

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Titelbild: Verumo

US-Banken sehen ihr Einlagengeschäft durch die Regulierung von Stablecoins gefährdet. Interessenvertreter der Branche wie die American Bankers Association, das Bank Policy Institute und die Consumer Bankers Association warnten letzte Woche vor einer "Lücke" in der Regulierung.

Genius Act verbietet Zinszahlungen

Für Stablecoins - digitale Token, die an reale Vermögenswerte wie den US-Dollar gekoppelt sind - sieht der jüngst verabschiedete Genius Act ein Verbot von Zinszahlungen für Emittenten vor. Kreditinstitute können also ihre eigenen Stablecoins emittieren, dürfen den Nutzern aber keine Verzinsung anbieten.

Kryptobörsen können den Nutzern von Stablecoins dagegen durch Lending und Staking indirekt eine Verzinsung zukommen lassen. Banken fürchten deshalb Abflüsse aus ihrem Einlagengeschäft.

Dieses Risiko sieht auch das US-Finanzministerium, das in einem Bericht im April von bis zu 6,6 Billionen USD ausging, die Anleger von Banken abziehen und in Stablecoins anlegen könnten. Die Verfasser warnten vor einem "größeren Risiko der Einlagenflucht, insbesondere in Krisenzeiten, das die Kreditvergabe in der gesamten Wirtschaft untergraben wird". Die möglichen Folgen: Höhere Zinsen und weniger Kredite.

Einlagenschwund: Höhere Zinsen und weniger Kredite?

Sean Viergutz von PwC sieht dieses Risiko ebenfalls. So könnten "Banken mit höheren Finanzierungskosten konfrontiert werden", was "Kredite für Haushalte und Unternehmen verteuern könnte".

Die Kryptobranche bewertet die Situation nicht überraschend anders und sieht in der Kritik der Banken einen Versuch, unliebsame Wettbewerber um Spareinlagen regulatorisch aus dem Weg zu drängen. Stablecoin-Emittenten verdienen Geld durch die Verzinsung der Sicherheiten, die für die Coins hinterlegt werden.

Dass es aufgrund von Stablecoins zu einer Kreditklemme im US-Bankensystem kommen könnte, halten nicht alle Banken für ausgemacht. "Stablecoins könnten als eine Art digitale Version von Geldmarktfonds betrachtet werden", schrieben Analysten von JPMorgan bereits im Juni in einem Bericht.

Dabei würden "Bankeinlagen durch eine solche Umschichtung nicht 'vernichtet', sondern lediglich auf andere Wirtschaftsakteure übertragen", es komme nicht zu einer verringerten Kreditverfügbarkeit.

Große, nicht versicherte Einlagen könnten zum Problem werden

Es gibt allerdings ein anderes Problem: "Das Einziehen von Einlagen von Stablecoin-Emittenten verwandelt Privatkundeneinlagen, die als stabile Finanzierungsquelle für Banken dienen können, in volatile Einlagen, die dies nicht können," heißt es in einem Bericht der EZB.

Darum geht es: Zahlt ein Anleger von einem Konto mit staatlicher Einlagensicherung für einen Stablecoin, könnte das Geld auf einem Konto mit deutlich höherem Guthaben landen. Solche großen, nicht versicherten Unternehmenseinlagen waren bei der Bankenkrise 2023 ein Problem. USDC-Emittent Circle Internet Group gelangte zeitweise nicht an das bei der Silicon Valley hinterlegte Guthaben, der USDC wurde unter 1 USD gehandelt.

Die notwendigen Sicherheiten sind ein Hauptgrund für das große Interesse der USA an Stablecoins. Die Emittenten erwerben oft US-Staatsanleihen als Sicherheiten für USD-Stablecoins. Die Regierung hofft, das Wachstum in dem bislang knapp 300 Mrd. USD großen Markt, die Nachfrage nach US-Schuldtiteln ankurbeln könnte. US-Bonds verkaufen sich derzeit schlecht, mehrere Auktionen in der jüngeren Vergangenheit verliefen enttäuschend.

US-Finanzministerium sieht in Stablecoins Nachfrage für US-Bonds

Jay Barry, Leiter der globalen Zinsstrategie bei JPMorgan Chase, bestätigte kürzlich, US-Finanzminister Scott Bessent sei "absolut davon überzeugt, dass Stablecoins eine echte Quelle für neue Nachfrage nach Staatsanleihen sein werden".

Der Minister hat einem Bericht der FT zufolge Informationen von führenden Stablecoin-Emittenten wie Tether und Circle eingeholt und infolge der Gespräche sogar beschlossen, mehr kurzfristige Titel am Markt zu platzieren. Bessent rechnet damit, dass der Markt für Stablecoins in den kommenden Jahren auf zwei Billionen USD anwachsen wird.