
Industrielle Blase mit Potenzial: KI-Boom zwischen Fehlinvestition und Disruption
Amazon-Gründer Jeff Bezos erkennt eine Blasenbildung im KI-Sektor, erwartet jedoch ähnlich wie beim Biotech-Boom weitreichende Innovationen.
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Amazon-Gründer Jeff Bezos hat sich öffentlich der Einschätzung angeschlossen, dass der aktuelle KI-Boom eine Blase darstellt. Im Rahmen der Italian Tech Week Anfang Oktober in Turin erklärte er jedoch, dass es sich dabei um eine "industrielle Blase" handle - mit letztlich positiven Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft.
Bezos zog dabei eine Parallele zur Biotech-Blase der 1990er-Jahre. Diese führte laut ihm trotz massiver Fehlinvestitionen zur Entwicklung lebensrettender Medikamente. Auch wenn viele Unternehmen scheiterten und der Sektor hohe Verluste verzeichnete - laut Wall Street Journal beliefen sich diese bis 2004 auf über 40 Mrd. USD - habe sich das Engagement langfristig gelohnt. Industrielle Blasen seien "nicht annähernd so schlimm" wie rein finanzielle Blasen, so Bezos, und könnten sogar nützlich sein, "wenn sich der Staub gelegt hat".
Überhitzter Markt und schwache Fundamentaldaten
Bezos sieht klassische Anzeichen einer spekulativen Überhitzung: Bewertungen, die sich von den wirtschaftlichen Realitäten abkoppeln, und eine Flut an Kapital für Unternehmen, die teils nur wenige Mitarbeitende beschäftigen. "Das ist eine sehr ungewöhnliche Dynamik", sagte er laut Business Insider. Investoren hätten derzeit Schwierigkeiten, zwischen tragfähigen und nicht tragfähigen Ideen zu unterscheiden.
Er erinnerte auch an den Zusammenbruch der Amazon-Aktie während des Dotcom-Crashs, als der Kurs trotz guter Geschäftszahlen von 113 auf 6 USD fiel. Dies zeige, wie stark Marktpsychologie von Fundamentaldaten entkoppelt sein könne - ein typisches Merkmal einer Blase.
KI verändert ganze Branchen
Trotz der Warnungen stellt Bezos die Relevanz von KI nicht in Frage. Die Technologie sei "real" und werde "jede Branche verändern". Der gesellschaftliche Nutzen werde "gigantisch" sein, betonte er. Auch Sam Altman, CEO von OpenAI, hatte bereits im August eine ähnliche Sichtweise vertreten. Er sprach ebenfalls von einer Blase, sieht aber - ähnlich wie Bezos - ein großes volkswirtschaftliches Potenzial.
Mark Zuckerberg, CEO von Meta, äußerte sich ebenfalls zum Thema und erklärte, er würde lieber "einige Hundert Milliarden USD falsch investieren, als bei Superintelligenz zu spät zu sein". Auch andere prominente Stimmen wie Alibaba-Mitgründer Joe Tsai, C3.ai-CEO Thomas Siebel oder Hedgefonds-Gründer Ray Dalio sehen die Gefahr einer KI-Blase. David Solomon, CEO von Goldman Sachs, sprach zuletzt in Turin von einer möglichen Neubewertung KI-getriebener Aktien.
Investoren sollen auf Substanz achten
Bezos forderte Unternehmer und Investoren auf, sich auf langfristige Prinzipien zu konzentrieren. Die aktuellen Marktentwicklungen erinnerten ihn an vergangene Manien - mit dem Unterschied, dass diesmal eine reale, tiefgreifende Technologie im Zentrum stehe. "Wenn alles finanziert wird, entstehen auch die Dinge, die wirklich etwas verändern können", sagte er. Entscheidend sei, was von der aktuellen Euphorie langfristig Bestand habe.