
Debatte um Quartalszahlen: Quartalsrhythmus steht zur Disposition - US-Aufsicht prüft Lockerung
US-Präsident Donald Trump plädiert erneut für Halbjahresberichte statt Quartalszahlen. Die SEC stellt eine Prüfung in Aussicht. Börsenbetreiber Nasdaq unterstützt das Wahlrecht, Investoren warnen vor weniger Transparenz.
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US-Unternehmen sollen statt alle 90 Tage nur noch halbjährlich berichten dürfen: Dafür wirbt Präsident Donald Trump erneut und knüpft an seinen Vorstoß von 2018 an. Er schrieb auf Truth Social: "Das spart Geld und erlaubt Managern, sich auf das Führen ihrer Unternehmen zu konzentrieren." Wie Reuters berichtet, stellt die US-Börsenaufsicht SEC eine Priorisierung der Prüfung in Aussicht.
Der Schritt würde die Berichtspflichten grundlegend verändern und die USA mit Ländern wie dem Vereinigten Königreich und mehreren EU-Staaten angleichen. Zugleich befeuert er die alte Spannung zwischen dem Wunsch vieler Unternehmen nach Entlastung und dem Informationsbedarf der Investoren, die häufige Updates als Teil der Marktqualität ansehen.
SEC stellt Halbjahresberichte als Priorität in Aussicht
Die SEC hatte 2018 bereits öffentliche Stellungnahmen zu einer möglichen Anpassung eingeholt, das Quartalssystem aber beibehalten. Nun signalisiert die Behörde laut Reuters erneut Bewegung. Formal wäre eine Regeländerung per SEC-Regelsetzungsverfahren nötig; der politische Rückenwind aus dem Weißen Haus erhöht den Druck.
Befürworter verweisen auf geringere Kosten und weniger kurzfristige Anreize. Kritiker warnen dagegen vor Transparenzlücken und möglichen Verzögerungen bei der Veröffentlichung von schlechten Nachrichten. Historisch führte die SEC die Quartalsberichterstattung 1970 ein, um Informationsasymmetrien zu verringern - ein Argument, das Gegner einer Lockerung heute wieder anführen.
Unternehmen begrüßen Entlastung, Anleger fürchten Lücken
Adena Friedman, Vorstandschefin von Nasdaq Inc., unterstützt ein Wahlrecht zwischen Quartals- und Halbjahresrhythmus; dies senke "Reibung, Belastung und Kosten" für Listings auf Wall Street, schrieb sie auf LinkedIn.
Einige Investoren betonen hingegen, seltener verfügbare Finanzdaten könnten die Volatilität erhöhen und US-Aktien unattraktiver machen. Transparenzbefürworter warnen zudem, ein längerer Takt eröffne Spielräume, negative Entwicklungen hinauszuschieben - eine Sorge, die gerade in Zins- und Konjunkturphasen mit höherer Unsicherheit Gewicht hat.
Der Rechtswissenschaftler M. Todd Henderson (University of Chicago) erwartet dennoch, dass viele Konzerne freiwillig am Quartalsrhythmus festhalten, um der Nachfrage der Kapitalmärkte nachzukommen. "Überwiegend bliebe die Praxis wie sie ist", sagte er. Das unterstreicht: Eine Regeländerung muss nicht automatisch einen Verhaltenswechsel bedeuten.
USA im historischen Vergleich zu Europa
Die USA verdanken einen Teil ihrer Bewertungsprämie aus Sicht mancher Marktteilnehmer der dichten Informationslage. Laut LSEG-Daten handeln S&P-500-Titel derzeit im Schnitt beim 24,3-fachen der erwarteten Gewinne der nächsten zwölf Monate, während Europas STOXX 600 bei 15,28 liegt. Die Frage ist, ob weniger Frequenz diesen Vorteil tangiert oder ob freiwillige Updates die Lücke schließen.
Schon 2018 argumentierten Jamie Dimon und Warren Buffett, kurzfristiger Fokus schade der US-Wirtschaft - damals wie heute ist die Skepsis groß, ob Quartalsguidance und -berichte das richtige Verhalten fördern. Die Wirtschaftsverbände U.S. Chamber of Commerce und Business Roundtable plädierten in der Vergangenheit vor allem dafür, von kurzfristiger Ergebnis-Guidance abzurücken, um strategische Ziele nicht zu verdrängen.