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BondmarktJapans Renditeanstieg bedroht den Yen Carry Trade

Der anhaltende Anstieg japanischer Renditen könnte den jahrzehntealten Yen Carry Trade beenden und massiv Kapital nach Japan lenken. Leidtragende einer solchen Entwicklung wären auch hochverschuldete westliche Staaten.

von Verumo-Redaktion

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Titelbild: picture alliance / Jiji Press / Shin Tomioka

Japans Anleiherenditen ziehen weiter an. Die Renditen 30-jähriger Bonds stiegen in dieser Woche über die Marke von 3,4 % und erreichten damit einen neuen Höchststand. Die Rendite 20-Jähriger stieg auf über 2,9 % und damit auf den höchsten Stand seit Juni 1999. Bonds mit zehn Jahren Laufzeit kratzen an der Marke von 2 %.

Anders als in den USA und mit Abstrichen in Europa stehen die Zeichen in Japan nicht auf geldpolitische Lockerung. Im Gegenteil: Die Notenbank diskutiert Zinserhöhungen, da die Inflation nach der Covid-19-Pandemie anhaltend hochblieb und Jahrzehnte deflationärer Tendenzen beendete. Die Inflationsrate lag im November bei 2,8 %.

In Japan bahnt sich eine Zinserhöhung an

Am Montag erklärte der Gouverneur der Bank von Japan, Kazuo Ueda, die Zentralbank werde die Möglichkeit einer Zinserhöhung auf ihrer bevorstehenden Sitzung am 18. und 19. Dezember eingehend erörtern. Die Swap-Märkte preisen derzeit eine Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln für eine Zinserhöhung in diesem Monat ein. Mit seiner Rede schickte Ueda die Bondkurse auf Talfahrt.

Was auf dem japanischen Bondmarkt passiert, lässt keinen anderen Markt kalt. Seit Jahrzehnten nutzen Anleger weltweit das niedrige Zinsniveau in Japan. Dort werden Kredite zu niedrigen Zinsen aufgenommen. Das Geld wird in Märkte außerhalb Japans investiert. Der Yen Carry Trade gilt als der größte überhaupt.

Je höher das Zinsniveau in Japan steigt, desto wahrscheinlicher ist es, dass Trades aufgelöst und mit Yen finanzierte Assets verkauft werden. Die jüngsten Kursrückgänge am Kryptomarkt werden von einigen Analysten bereits damit in Zusammenhang gebracht. Löst sich der Carry Trade auf, verkaufen nicht nur ausländische Kreditnehmer Assets, sondern auch japanische Investoren wie Lebensversicherer und Pensionsfonds.

"Je höher die Renditen japanischer Staatsanleihen steigen, desto größer ist der Anreiz für die großen japanischen Investoren, ihre Auslandsbestände zu verkaufen und das Geld nach Japan zurückzuführen", sagt Mike Riddell, Fondsmanager bei Fidelity International.

Dass die Zinsen weiter steigen, gilt auch wegen der 135 Mrd. USD umfassenden Ausgabenpläne von Premierministerin Sanae Takaichi als wahrscheinlich. "Da die Bank von Japan ihren Straffungszyklus fortsetzt, erwarten wir, dass die Rendite zehnjähriger japanischer Staatsanleihen von derzeit 1,88 % auf 2,5 % in den nächsten Jahren steigen wird", heißt es in einer Mitteilung der Ökonomen von Capital Economics.

Shoki Omori, Chefstratege beim Finanzdienstleister Mizuho, sieht, wie die Märkte das Risiko der Finanzausgaben von Takaichi stetig absorbieren und Zweifel an der Regierungsstrategie zur Effizienzsteigerung wachsen. Er glaubt, dass "der Ausverkauf japanischer Staatsanleihen Auswirkungen auf die globalen Zinssätze haben wird."

Steigende Volatilität und sinkende Nachfrage nach westlichen Anleihen

Sollten japanische Anleger tatsächlich in großem Umfang ihre im Ausland angelegten Ersparnisse repatriieren, könnten also auch die Renditen in anderen Regionen steigen, was dem Carry Trade ein Stück weit Stabilität verleihen könnte.

Dennoch ist die Sorge vor Turbulenzen groß: Nach einer BoJ Zinserhöhung im vergangenen Sommer erlitt der Nikkei große Kursverluste, was auf die Auflösung von Yen-Carry-Trades zurückgeführt wurde. Der Yen legte in der Folge deutlich zu - ein Szenario, das für in dieser Währung verschuldete Marktteilnehmer ein erhebliches Risiko darstellt.

Die Bedeutung Japans, das seit Jahrzehnten Außenhandelsüberschüsse erwirtschaftet, als Investor auf den globalen Märkten ist nicht zu unterschätzen. Das Land ist ein bedeutender Gläubiger weltweit und hat China als größten Inhaber von US-Staatsanleihen überholt.

Ein möglicher Shift in den Kapitalströmen käme ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem viele westliche Länder Bonds im Rekordvolumen emittieren und bereits steigende Renditen in Kauf nehmen müssen. James Novotny vom Londonder Asse Manager Jupiter bringt das Problem auf den Punkt: "Für ausländische Staaten könnte ein Käufer weniger zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt kommen."