
Investmenttrends: ETF-Zuflüsse stocken – mehr Anleihen gefragt
Anleger investieren nur noch schleppend in ETFs – und wenn, dann in solche auf defensive Aktien oder Anleihen. In den USA sind 2023 die Zuflüsse stark gesunken und erreichen mit 147,5 Mrd. USD bis Juni den niedrigsten Stand seit 2019.
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Die Mittelzuflüsse in börsengehandelten Indexfonds (ETFs) haben sich in den USA deutlich verlangsamt. Das Wall Street Journal berichtet unter Berufung auf Daten von FactSet, dass bis zu 6. Juni lediglich 147,5 Mrd. USD in ETFs geflossen seien. Dies ist der niedrigste Wert seit 2019. Die Mittelzuflüsse konzentrierten sich dabei vorwiegend auf defensive Aktien und Anleihen.
Damit ergibt sich das Bild vorsichtiger Anleger, die trotz eines Zuwachses von 12 % im S&P 500 im laufenden Jahr nicht weiter bereit sind, in großem Stil auf Aktien zu setzen.
Ein Hauptgrund dafür dürften die gestiegenen Zinsen sein. Die Anleiherenditen liegen so hoch wie seit 15 Jahren nicht, die weitere Zinsentwicklung ist in vielerlei Hinsicht ungewiss. Zum einen bietet der Anleihemarkt damit so attraktive Konditionen wie lange nicht, zum anderen bergen die hohen Zinsen auch Risiken für den Aktienmarkt.
Der Risikoappetit fehlt
Appetit auf Risiko gibt es offenbar kaum. Matthew Bartolini, Leiter von SPDR Americas Research bei State Street etwa, gab wenig Überzeugung zur Inkaufnahme von Risiken – "und wenn doch, dann hauptsächlich in Bereichen des Marktes, die man als defensiv bezeichnen würde."
Auch dies bestätigen Daten von FactSet. Demnach hat zwar ein S&P 500 ETF von Vanguard bislang mit 11,3 Milliarden USD die größten Einnahmen verzeichnet. Auf den vier folgenden Plätzen finden sich jedoch ETFs auf Anleihen oder defensive Aktien.
Konkret handelt es sich um den iShares 20+ Year Treasury Bond ETF mit Mittelzuflüssen von 10,8 Milliarden USD, den iShares MSCI USA Quality Factor ETF mit Mittelzuflüssen von 9,7 Milliarden USD, den JPMorgan Equity Premium Income ETF mit Zuflüssen von 9,2 Milliarden USD und den iShares Core U.S. Aggregate Bond ETF, dem seit dem Jahreswechsel 7,2 Milliarden USD zuflossen.
Anleger setzen auf defensive Aktienfonds – auch aktiv verwaltet
Vor allem die Entwicklung des iShares MSCI Quality Factor ETF scheint das Interesse an defensiven Aktienanlagen zu belegen. Der rund zehn Jahre alte ETF bildet einen Index aus Large- und Midcap-Aktien mit überdurchschnittlichen Fundamentaldaten wie niedriger Verschuldung, stabilem Gewinnwachstum und einer hohen Eigenkapitalrendite ab.
Ende des vergangenen Jahres lag das AUM noch bei 17,7 Milliarden USD, aktuell sind es mehr als 30 Milliarden USD. Der Kurszuwachs von 14 % seit Jahresbeginn erklärt dies nur zu einem kleinen Teil.
Auch der JPMorgan Equity Premium Income ETF weist in diese Richtung. Dabei handelt es sich um einen aktiv verwalteten Investmentfonds, der primär in defensive Aktien investiert und diese Investments mit Optionsstrategien kombiniert. Die Optionsstrategien dienen zur Erzielung von Erträgen – ein klassisches Beispiel dafür ist Covered Call Writing.
Das Ziel des Fonds besteht in der Ausschüttung einer hohen Dividende. Obwohl der Fonds keine Kursgewinne erzielen konnte, hat sich das vor Vermögen von 17,3 Mrd. USD zum Jahreswechsel auf aktuell 26,5 Milliarden USD erhöht.
Nur 44 % der Aktien-ETFs verzeichnen Zuflüsse
Insgesamt fällt es Fondsanbietern offenbar schwer, Anleger von neuen Anlagen zu überzeugen. State Street zufolge konnten im Mai nur 44 % der Aktien ETFs Mittelzuflüsse verbuchen. Dieser Wert liegt 17 Prozentpunkte unter dem historischen Median. Dagegen konnten 58 % der Renten ETFs Zuflüsse vermelden. Auch dieser Wert liegt allerdings unter dem langfristigen Durchschnitt.
Der Vergleich mit 2021 ist ein weiteres Indiz für die verringerte Risikoneigung der Anleger. Auch damals konnten Technologieaktien deutlich zulegen. Anleger setzen in dieser Phase jedoch auf risikoreichere Fonds wie den ARK Innovation ETF von Cathie Wood und den ProShares UltraPro QQQ ETF. Letzterer ist ein ETF auf den Nasdaq 100 Index mit dreifachem Hebel. 2021 erreichten die ETF Zuflüsse einen Rekord.
Die gestiegenen Zinsen reichen vielen Anlegern offensichtlich aus. So rechnet das Investment Company Institute vor, dass das Volumen von Geldmarktfonds in diesem Jahr auf 5,5 Billionen USD angestiegen sei – ein Rekord.