
Devisenmarkt: Argentinien steht vor einem wegweisenden Wahlwochenende
Die Parlamentswahlen in Argentinien am Sonntag werden am Devisenmarkt mit größter Aufmerksamkeit verfolgt. Präsident Javier Milei benötigt ein gutes Ergebnis für seine Partei, die nach einer Niederlage in Buenos Aires angezählt ist.
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In Argentinien stehen am Sonntag Parlamentswahlen an - ein entscheidender Tag für das Land und die weitere Politik des Präsidenten Javier Milei. Dieser braucht unbedingt einen Erfolg. Trotz einer milliardenschweren Intervention aus dem Weißen Haus steht der Peso unter Abwertungsdruck.
Wahlergebnis "nicht zu weit unter 35 %" -sonst Abwertung oder Devisenkontrollen
Ramiro Blazquez Giomi von der Finanzdienstleistungsgruppe StoneX bringt es auf den Punkt: "Es herrscht so viel Pessimismus, dass die Währungskrise nur durch eine Abwertung, die Rückkehr zu Devisenkontrollen oder ein akzeptables Wahlergebnis für die Regierung, nicht zu weit unter 35 %, gelöst werden kann."
Dabei hat der libertäre Präsident seit seiner Wahl Ende 2023 bereits einige Erfolge vorzuweisen. Ambitionierte Kürzungen der öffentlichen Ausgaben und eine kontrollierte Wechselkurspolitik haben die jährliche Inflation von einem Höchststand von 289 % Anfang 2024 auf aktuell 32 % gesenkt, die Rezession beendet und Millionen Menschen aus der Armut geholfen.
Doch im vergangenen Monat musste Milei einen Dämpfer in der Region Buenos Aires (dort leben 40 % der Bevölkerung des Landes) hinnehmen, als seine Partei mit 13 Punkten Rückstand gegen en Kandidaten des peronistischen Lagers verlor.
Analysten sehen das Problem in einer stark auf die Bekämpfung der Inflation ausgerichteten Wirtschaftspolitik, die sich mittlerweile negativ auf die Wirtschaft auswirkt, nachdem die Reformen zunächst Wachstum auslösten. Anfang des Monats senkte der IWF die Wachstumsprognose für 2025 von 5,5 auf 4,5 %. Daraus lässt sich ableiten, dass die argentinische Wirtschaft nach einer starken Erholung in der ersten Jahreshälfte nun schrumpft.
Laut dem Meinungsforschungsinstitut Trespuntozero sind Mileis Zustimmungswerte auf rund 40 Prozent gefallen, verglichen mit rund 50 Prozent in seinem ersten Amtsjahr. Das könnte fortan zum Problem werden. Zwar verfügte seine Partei bei seiner Wahl über lediglich 15 % der Sitze im Parlament und stellte keinen der 23 Gouverneure des Landes.
Milei nach anfänglichen Erfolgen unter Druck
Doch es gelang Milei trotzdem, seine Pläne umzusetzen. Dazu ging er ein Bündnis mit der rechtsgerichteten Partei Propuesta Republicana (PRO) des ehemaligen Präsidenten Mauricio Macri ein und nutzte Präsidialdekrete. "Bis vor Kurzem hat Milei einen unterwürfigen Kongress abgehalten, der dadurch beruhigt wurde, dass die öffentliche Meinung weitgehend auf seiner Seite stand", erläutert Ana Iparraguirre von der Strategiefirma GBAO. Sollte sich dies nun durch ein schwaches Abschneiden bei den Wahlen ändern, könnte der Präsident mehr Kompromisse eingehen müssen - insbesondere in der Haushaltspolitik.
Milei geriet auch durch Korruptionsvorwürfe unter Druck, die unter anderem seine Schwester belasten. Besonders schwer wiegen Vorwürfe um seine Schwester - und Stabschefin - Karina. Im August veröffentlichten Medien eine Audioaufnahme, die Mileis früherem persönlichen Anwalt zugeschrieben wurde. Daraus ging hervor, dass Karina von einem staatlichen Medikamentenlieferanten Bestechungsgelder angenommen hatte. Mileis Reaktion auf die Vorwürfe überzeugte nicht, die Mehrheit der Bürger hält die Vorwürfe für wahr.
Auch die knappen Devisenreserven sind ein Problem. Die Knappheit wurde durch Peso-Käufe zum Kampf gegen die Inflation verschärft. Milei will den Peso stark halten, nachdem er im April den festen Wechselkurs durch eine halbflexible Wechselkursspanne ersetzt hatte. Nun zweifelt der Markt, ob ein starker Peso, Importe und Fremdwährungsverbindlichkeiten gleichzeitig bezahlt werden können.
Trump hilft mit 20 Mrd. USD
Die von US-Finanzminister Scott Bessent Anfang des Monats angekündigte, 20 Mrd. USD schwere Währungsswap-Linie wird der argentinischen Zentralbank nun jedoch Zugang zu Dollar verschaffen. Bessent arbeitet zudem an einer Fazilität in gleicher Höhe von Banken und Staatsfonds, um die Schuldentilgung des Landes zu unterstützen.
Anhänger Mileis wollen in der Unterstützung aus Washington einen Wendepunkt sehen. Tatsächlich ist nicht ausgeschlossen, dass Milei trotz der gesunkenen Zustimmungswerte ein respektables Ergebnis einfährt. Dass die Partei hinzugewinnt, gilt als sicher, da nur wenige eigene Abgeordnete zur Wahl stehen. Meinungsforscher glauben, das schlechte Ergebnis in der Provinz Buenos Aires - der Hochburg des Peronismus - könnte ihm zugeneigte Wähler im Rest des Landes mobilisieren.
Eine deutliche Niederlage hingegen könnte die noch nicht in Stein gemeißelte Unterstützung aus den USA infrage stellen und den Peso - sowie den gesamten argentinischen Kapitalmarkt - unter Druck setzen.