
Bondmarkt: Löst das Down-Rating von Oracle die KI-Schuldenlawine aus?
Bonds von KI-Hyperscalern geraten unter Druck, Ratings wackeln. 5 Billionen USD werden für KI-Investitionen benötigt. Doch die Kreditgeber fordern zunehmend höhere Risikoprämien ein.
Lesezeit 5 min
Der Aktienkurs von Oracle (ISIN: US68389X1054, WKN: 871460) hat seit dem Hoch im September um fast 30 % nachgegeben. Sorgen sich die Anleger um die hohen KI-Ausgaben des Unternehmens? Das Fixed Income Research Team von Barclays jedenfalls artikuliert genau diese Sorge.
Aus einem am Dienstag veröffentlichten Bericht geht hervor, dass die Kapitalausgaben von Oracle zur Erfüllung seiner großen KI-Aufträge den Cashflow übersteigen. Die Cashreserven des Unternehmens könnten bis November 2026 aufgebraucht sein.
Oracles Bonds unter Druck
Analyst Andrew Keches stufte Oracles Anleihenrating auf "Underweight" herab und warnte vor einem Abrutschen der Kreditwürdigkeit auf BBB. Barclays betont zwar, dass auch andere sogenannte KI-Hyperscaler extrem hohe Investitionen tätigten. Oracle aber weist eine Verschuldungsquote von bis zu 500 % auf, verglichen mit 50 % bei Amazon (ISIN: US0231351067, WKN: 906866) und 30 % bei Microsoft (ISIN: US5949181045, WKN: 870747).
Die hohen Investitionen in KI sind keine Neuigkeit. Laut Barclays könnten die Baukosten eines KI-Rechenzentrums bis zu 50 bis 60 Mrd. USD pro Gigawatt erreichen, das Dreifache der Kosten eines herkömmlichen Rechenzentrums. Seit Anfang 2025 haben sich die Branchenprognosen für die Investitionsausgaben in den kommenden Jahren nahezu verdoppelt. Bislang wurden die Investitionen in weiten Teilen durch Cashflow gestemmt.
Doch dies ändert sich jetzt. So wurden in den vergangenen Monaten mehrere große Hyperscaler Anleihen im Gesamtwert von bis zu 140 Mrd. USD platziert. 160 Mrd. USD soll das Gesamtvolumen dieses Jahr erreichen. Im kommenden Jahr dürfte dieses Volumen angesichts der angekündigten Investitionen noch einmal deutlich zulegen.
Der gewaltige Kapitalbedarf führt zu steigenden Risikoprämien für das durch Investoreninteresse verwöhnte KI-Segment. Die Bank of America verweist auf einen Korb von Hyperscaler-Bonds, der in den letzten Wochen deutliche Kursverluste erlitten hat. Der Spread gegenüber Staatsanleihen ist seit September von 50 auf 80 Basispunkte gestiegen. BofA Chefstrategie Michael Hartnett empfiehlt laut einer Marketwatch-Meldung aus der vergangenen Woche mittlerweile Shortpositionen in Hyperscaler-Bonds. Er rechnet mit einem enormen Anstieg der Emissionen in diesem Bereich.
KI-Infrastruktur kostet 5 Billionen USD
Die Investitionen in KI saugen den Kapitalmarkt regelrecht aus. JPMorgan schätzt die Kosten für den Aufbau einer KI-Infrastruktur auf mehr als 5 Billionen USD. Das Vorhaben werde "wahrscheinlich die Beteiligung aller öffentlichen Kapitalmärkte sowie privater Kreditgeber, alternativer Kapitalgeber und sogar staatlicher Stellen erfordern". Ganz in diesem Sinne hatte OpenAI Chef Sam Altmann kürzlich bereits staatliche Unterstützung ins Spiel gebracht, um kurz danach zurückzurudern.
Laut JPMorgan verfügen die Hyperscaler zusammen über Cashreserven von 350 Mrd. USD. Zudem sei ein kombinierter operativer Cashflow von 725 Mrd. USD zu erwarten. "Dennoch gelangt ein beträchtliches neues Schuldenangebot von diesen qualitativ hochwertigen Emittenten auf die Kreditmärkte."
Meta (ISIN: US30303M1027, WKN: A1JWVX) beschaffte sich im Oktober zunächst 27 Mrd. USD von Investoren wie Pimco und Blue Owl Capital für das Rechenzentrum Hyperion in Louisiana und begab kurz danach eine Anleiheemission im Volumen von 30 Mrd. USD. Alphabet (ISIN: US02079K1079, WKN: A14Y6H) emittierte im November Schuldtitel im Wert von 25 Mrd. USD. Oracle begab im September 18 Mrd. USD u.a. für das Rechenzentrum Stargate in Texas.
Oracle gilt als eines der schwächeren Glieder in der Kette - auch, weil die erwarteten Umsatzsteigerungen im Wesentlichen auf große Zusagen einzelner Akteure zurückzuführen sind. So erwartet Oracle etwa von OpenAI in den nächsten fünf Jahren 300 Mrd. USD Umsatz.
Auch andere Unternehmen geraten unter Druck. Die Aktie des Rechenzentrumsbetreibers CoreWeave (ISIN: US21873S1087, WKN: A413X6) etwa hat seit Ende Oktober mehr als ein Drittel ihres Wertes verloren, wozu unter anderem eine gesenkte Umsatzprognose aufgrund erwarteter Verzögerungen bei Rechenzentren beigetragen hatte. Der Kurs einer 2031 fälligen Anleihe (ISIN: USU2069EAB66, WKN: A4EEQ4) des Unternehmens (jährlicher Zinskupon: 9 %) ist seit Ende Oktober von knapp 103 % auf unter 97 % gefallen.