
Aus der Zeit der Finanzkrise: USA lockern Eigenkapitalvorschriften für Banken
Die US-Notenbank Federal Reserve hat vorgeschlagen, einige Eigenkapitalanforderungen für Großbanken, die nach der Finanzkrise eingeführt worden waren, zu lockern. Dies soll Kapital freizusetzen.
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Es geht um die "Supplementary Leverage Ratio (SLR)", die sogenannte ergänzende Verschuldungsquote. Der Vorstand der Fed stimmte am Mittwoch mit 5 zu 2 Stimmen für einen Vorschlag zur Senkung der erhöhten zusätzlichen Verschuldungsquote (Enhanced Supplemental Leverage Ratio).
Die erhöhte Quote gibt vor, wie viel Kapital Großbanken wie JPMorgan Chase und Citigroup im Verhältnis zu ihrer Bilanzsumme vorhalten müssen und war als Reaktion auf die Ereignisse der Finanzkrise eingeführt worden.
Lockerung der Eigenkapitalvorschriften soll Nachfrage nach US-Staatsanleihen stärken
Banken setzen sich schon länger für die Absenkung der Quote ein – und erhalten nun Schützenhilfe durch die Trump-Administration. US-Finanzminister Bessent zufolge könnte die Änderung dazu beitragen, die globalen Märkte zu stützen, indem sie den Banken den Kauf von mehr US-Staatsanleihen ermöglichen würde.
Diese SLR schreibt vor, dass große Banken unabhängig vom Risiko fünf Prozent ihres Eigenkapitals als Gegenwert für alle Bankaktiva halten müssen. Sie wird berechnet, indem das Eigenkapital einer Bank durch ihre Bilanzsumme geteilt wird.
Bereits im April 2020 hatte die Fed die SLR ausgesetzt. Damals flossen aufgrund der vielen Konjunkturhilfen Einlagen in die Universalbanken, die diese nicht wie üblich in Staatsanleihen investieren konnten. Bareinlagen und Staatsanleihen wurden deshalb zeitweise aus dem Nenner der SLR-Quote entfernt. Diese Regelung endete im März 2021.
Diskussion um Änderungen an der SLR nicht neu
Die Diskussion um eine Lockerung der Regelung läuft schon seit Jahren. Darrell Duffie, Professor für Finanzen an der Stanford Graduate School of Business, hatte bereits im April angemerkt: "Der Markt für US-Staatsanleihen kann in Krisenzeiten teilweise aufgrund der zusätzlichen Leverage Ratio verstopft sein, und ich bin dafür, diese zu lockern, um den Banken einen Anreiz zu bieten, mehr US-Staatsanleihen zu kaufen."
Scott Bessent sieht in der SLR einen "Aufschlag" für Banken, die Staatsanleihen kaufen und sieht die Renditen im Fall einer Abschaffung um 30 bis 70 Basispunkte sinken. Dadurch könnte Kapital freigesetzt und an anderer Stelle zum Einsatz kommen. Die Renditen von US-Staatsanleihen sind zuletzt auch aufgrund der Sorgen um die Schuldentragfähigkeit des Landes deutlich gestiegen – eine Entwicklung, die im Weißen Haus für Unruhe sorgt.
"Es ist eine gute Politik, dem liquidesten Markt der Welt noch mehr Tiefe zu verleihen", sagte Joseph Lavorgna, Berater von Finanzminister Scott Bessent. Michelle W. Bowman, seit dem 9. Juni stellvertretende Vorsitzende für die Aufsicht des Gouverneursrats des Federal Reserve Systems, sieht in Änderungen an der SLR ebenfalls eine Option für die Stärkung der Liquidität am Markt für Staatsanleihen in Krisenzeiten. "Wo wir proaktive regulatorische Maßnahmen ergreifen können, um sicherzustellen, dass Primärhändler über ausreichende Bilanzkapazitäten verfügen, um als Intermediäre auf den Märkten für Schatzpapiere zu fungieren, sollten wir dies tun", sagte sie.
Banken dürften US-Bonds vor allem in Krisenzeiten nachfragen
Die meisten Analysten gehen davon aus, dass die geplanten Änderungen vor allem in Krisenzeiten zu einer stärkeren Nachfrage nach Staatsanleihen führen werden – aber nicht generell. John Velis, Makrostratege für Amerika bei der BNY etwa prognostizierte: "In Krisenzeiten könnte es den Banken helfen, ihre Staatsanleihenbestände zu erhöhen und so zwischen Käufern und Verkäufern zu vermitteln. Das könnte in solchen Krisenzeiten für etwas Entlastung sorgen."
Die Pläne, so betont es zumindest Bowman, gestatten den Instituten keine höheren Ausschüttungen an ihre Aktionäre. Dies liegt auch daran, dass übergeordnete Holdinggesellschaften weiterhin durch zusätzliche Kapitalanforderungen eingeschränkt werden. Es gehe darum, den Banken mehr Flexibilität bei der Kapitalverteilung auf ihre Tochtergesellschaften geben.
Für bestimmte Tochtergesellschaften könnte der Kapitalbedarf um 27 % bzw. 213 Mrd. USD sinken, bei den globalen Bankholdinggesellschaften wäre eine Kapitalreduzierung von 1,4 Prozent bzw. 13 Milliarden Dollar zu erwarten.
Die Fed-Gouverneure Adriana Kugler und Michael Barr stimmten gegen den Vorschlag. Barr glaubt, der Vorschlag würde das Risiko einer Pleite großer Banken "deutlich erhöhen".