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HypothekenzinsenWerden steigende Bondrenditen zur Bedrohung für Europas Immobilienmärkte?

Staaten müssen höhere Zinsen für ihre Verbindlichkeiten zahlen, weil die Gläubiger zunehmend an der Schuldentragfähigkeit zweifeln. Dies wirkt sich auch auf die Hypothekenzinsen aus. Ein Blick in die USA verheißt nichts Gutes.

von Verumo-Redaktion

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Titelbild: [M] Verumo / picture alliance / Zoonar / Andrii Yalanskyi

Die Bondrenditen stiegen am Dienstag deutlich genug, um die Aktienmärkte auf Talfahrt zu schicken. Die Renditen langfristiger Anleihen mehrerer europäischer Länder erreichten am Dienstag langjährige Höchststände.

FRA, DE, UK: Langfristige Bondrenditen auf mehrjährigen Hochs

Die Rendite 30-jähriger britischer Staatsanleihen stieg um fast 6 Basispunkte auf 5,697 Prozent, den höchsten Stand seit 1998. Die Rendite Frankreichs stieg um einen ähnlichen Betrag auf 4,513 Prozent, den höchsten Stand seit 2009, und die Rendite Deutschlands erreichte mit 3,41 Prozent den höchsten Stand seit 2011.

"Der schmerzhafte Handel auf den Anleihemärkten setzte sich nahtlos vom August in den September fort", sagte Kenneth Broux, Leiter der Unternehmensforschung für Devisen und Zinsen bei Société Générale.

Die Marktteilnehmer sorgen sich um die finanzielle Stabilität: Hohe Schuldenstände, hohe laufende Defizite, eine schwache konjunkturelle Entwicklung und zunehmende politische Lähmung belasten die Bondkurse. Die jüngsten Pläne in Europas Hauptstädten für eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben, haben die Bedenken der Gläubiger bezüglich der Schuldentragfähigkeit zusätzlich verstärkt. Die in Frankreich anstehende Vertrauensfrage der Regierung Bayrou wirkt wie ein Brandbeschleuniger.

Unklar ist vor allem, wie der Ausweg aus der sich anbahnenden europäischen Schuldenkrise gelingen kann. Die Kombination aus niedrigem oder gar negativem Wachstum und den in vielen europäischen Ländern bereits hohen Steuern, würde fiskalpolitische Maßnahmen selbst dann erschweren, wenn sie durch die üblicherweise schwachen Regierungen tatsächlich auf den Weg gebracht würden.

"Wir erleben einen Teufelskreis"

"Wir erleben einen sich langsam entwickelnden Teufelskreis: Steigende Sorgen um die Verschuldung treiben die Renditen in die Höhe, was die Schuldendynamik verschlechtert, was wiederum die Renditen wieder in die Höhe treibt", warnten Analysten der Deutschen Bank Research in einer Mitteilung.

Die steigenden Zinsen wirken sich auch auf die Hypothekenzinsen aus. Wie der Darlehensvermittler Interhyp ermittelt hat, lagen die durchschnittlichen Zinsen für Immobilienkredite mit zehn Jahren Laufzeit zum Jahreswechsel noch bei 3,26 %. Aktuell sind es 3,86 % - obwohl die EZB die Zinsen seitdem mehrfach gesenkt hat. Die Entwicklung verdeutlicht, dass sich die Bondrenditen von der Geldpolitik abkoppeln, weil vor allem zusätzliche Risiken eingepreist werden.

US-Immobilienmarkt mit "schwierigsten Bedingungen seit 2009"

Diese Entwicklung könnte zum Risiko für manche Immobilienmärkte in Europa werden. In den USA leidet der Markt ebenfalls unter dem hohen Zinsniveau. "Die Lage auf dem Immobilienmarkt verschlechtert sich weiter. Neue Häuser werden derzeit zu einem seltenen Preisnachlass gegenüber bestehenden Häusern verkauft, was auf eine bevorstehende zunehmende Schwäche des Sektors hindeutet", schrieb Seeking Alpha Analyst Bret Jensen in einer Notiz am Dienstag. Dabei leidet die US-Wirtschaft nicht unter einer Wachstumsschwäche: Im zweiten Quartal wuchs das BIP mit einer jährlichen Rate von 3,3 %.

Jensen sieht "schwierigste Marktbedingungen seit der Krise von 2009" auf den US-Markt zukommen. "Ohne einen Anstieg der Einkommen oder deutlich niedrigere Hypothekenzinsen ist ein deutlicher Rückgang der Eigenheimpreise der wahrscheinlichste Weg, die Erschwinglichkeit von Wohnraum zu verbessern, was jedoch zu breiteren wirtschaftlichen Folgen führen könnte."