Bild zum Artikel: Bondmarkt: Fondsmanager setzen auf Unternehmensanleihen aus Europa und Schwellenländern

BondmarktFondsmanager setzen auf Unternehmensanleihen aus Europa und Schwellenländern

Unternehmensanleihen sind hoch bewertet, die Spreads gegenüber Staatsanleihen im Einzelfall negativ. Dennoch sehen Fondsmanager vor allem in Europa und den Schwellenmärkten Potenzial.

von Verumo-Redaktion

Lesezeit 5 min
Titelbild: picture alliance / HRI-McPhoto / Bildagentur-online

Die Risikoprämien für US-Unternehmensanleihen sind derzeit so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. In der vergangenen Woche lag der Spread zwischen Blue Chip Bonds und US-Staatsanleihen bei 0,73 % und damit so niedrig wie seit den 1990er Jahren nicht mehr.

Hohe Kurse bei Unternehmensanleihen sprechen traditionell für das Vertrauen des Marktes in die Schuldentragfähigkeit der Unternehmen. Doch in der aktuellen Marktsituation kommt noch eine weitere Komponente hinzu: Der Vertrauensverlust in Bezug auf US-Staatsanleihen.

Spreads für Large Cap Bonds bald negativ?

"Wir sehen einige Bedenken, dass sich die US-Regierung in einigen Bereichen stärker in Richtung der Schwellenmärkte bewegt", warnt etwa Hans Mikkelsen von TD Securities. Er glaubt, dass bei einer Fortsetzung der aktuellen Trends die Risikozuschläge für Schuldverschreibungen einiger sehr großer Unternehmen wie Microsoft negativ werden könnten. Dies sei bereits in einigen Schwellenländern zu beobachten.

In den USA belasten hohe Bestands- und Neuverschuldung, Druck auf die Federal Reserve und politische Polarisation das Vertrauen in die öffentliche Hand als Gläubiger. Doch die Verschiebung in Richtung Unternehmensanleihen ist kein US-Phänomen, sondern war zuletzt auch diesseits des Atlantiks zu beobachten.

Frankreichs Verschuldung ist auf 116 % des BIP gewachsen, die strukturellen Probleme des Landes sind groß, politische Lösungen - und insbesondere substanzielle Einsparungen im Haushalt - aufgrund der Polarisierung kaum denkbar. Die Renditen zehnjähriger französischer Staatsanleihen sind seit Ende 2023 von unter 2,5 % auf fast 3,5 % gestiegen und könnten bald jene ihrer italienischen Pendants überholen.

Frankreichs Unternehmen genießen höheres Vertrauen als der Staat

Die Reaktion des Bondmarktes: In Frankreich können sich große Unternehmen bereits günstiger verschulden als der Staat. Dies gilt etwa für Schneider Electric, Airbus, L'Oréal und Axa.

Was bedeutet das für Anleger? Bleiben die aktuellen Trends intakt, könnten Unternehmensanleihen in einer Welt, in der Industriestaaten nicht mehr als Benchmark für starke Bonität dienen, weniger hoch bewertet sein, als es auf den ersten Blick aussieht.

Marc Leemans und Bernard Lalière vom Asset Manager DPAM jedenfalls sehen laut einem im August veröffentlichten Kommentar noch Potenzial. So liege die Kreditqualität in Europa auf einem hohen Niveau. "Im Mai 2007, als die europäischen High-Yield-Spreads mit 186 Basispunkten ihren Tiefststand erreichten, lag dieser Anteil nur bei 40 %. Selbst bei niedrigerer Qualität waren die Indexspreads also deutlich enger als heute. Im Mai 2007, ein Jahr vor der globalen Finanzkrise, bestand der US-HY-Index zu 40 % aus BB- und zu 42 % aus B-gerateten Papieren (der Rest entfiel auf CCC). Im Juli 2025 lag die Zusammensetzung bei 50 % BB, 40 % B und 10 % CCC", notierten die Autoren in ihrem Beitrag.

BlackRock setzt auf europäische Unternehmensanleihen

Auch der Vermögensverwalter Blackrock sieht in Europa Potenzial: Die Unternehmensanleihen des alten Kontinents seien eine der attraktivsten Gelegenheiten im globalen Kreditmarkt. "Die Unternehmen sind insgesamt nach wie vor in recht guter Verfassung", sagt James Turner, Co-Leiter des Bereichs Global Fixed Income EMEA bei Blackrock. "Derzeit gibt es nicht viele Möglichkeiten, relativ sichere Renditen zu erzielen. "Besonders interessant seien Banken, Versorger sowie Technologie-, Medien- und Telekommunikationsunternehmen, da diese weniger von Zöllen betroffen seien.

Pictet Asset Management indes sieht in Schwellenländern große Chancen, wie aus einem Beitrag des Vermögensverwalters aus der vergangenen Woche hervorgeht. "Starke Fundamentaldaten und das Potenzial eines schwächeren US-Dollars machen Unternehmensanleihen der Schwellenländer so attraktiv wie seit Jahren nicht", heißt es dort.

Schwellenländer Anleihen: Mehr Rendite ohne höheres Risiko?

"Unsere Ökonomen gehen davon aus, dass das BIP der Schwellenländer in diesem und im nächsten Jahr um 4 % wachsen wird", heißt es in dem Beitrag von Alejandro Arevalo und Sabrina Jacobs. "Unterdessen geht die Inflation in den Schwellenländern immer weiter zurück und macht den Weg frei für weitere Zinssenkungen."

Arevalo und Jacobs sehen in einer Umschichtung in Richtung Schwellenländeranleihen nicht notwendigerweise ein höheres Risiko. Das Segment habe sich etwa nach dem Liberation Day relativ stabil gehalten. "Die Spreads gegenüber US-Staatsanleihen stiegen in der ersten Aprilwoche um nur 55 Basispunkte, gegenüber 120 Basispunkten bei US-Hochzinsanleihen."

Die größere Widerstandsfähigkeit spiegle stärkere Fundamentaldaten wider, wie beispielsweise eine besser beherrschbare Schuldenlast der Unternehmen in den Schwellenländern.