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Big Mac IndexSchwellenländer Währungen: Vor dem Boom oder vor dem Fall?

Sind Schwellenländer Währungen einen Blick wert? Das glaubt jedenfalls der Vermögensverwalter AllianceBernstein und verweist auf den "Big Mac Index". Doch die Welt ist möglicherweise komplizierter.

von Verumo-Redaktion

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Titelbild: Dzmitry Skazau / 123RF

Devisenhandel kann so simpel sein: Einfach den Big Mac Index des Economist aufrufen und makroökonomisch fundiert in unterbewertete Währungen investieren. Wer so vorgeht, würde aktuell Longpositionen im Ägyptischen Pfund, der Indonesischen Rupie oder auch dem Venezuelanischen Bolivar eröffnen.

Was sagt der Big Mac Index über Schwellenländer Währungen aus?

Der Big Mac Index ist Indikator für den Vergleich der Kaufkraft verschiedener Währungen. Das Prinzip basiert auf dem Vergleich der Preise für einen Big Mac der Burgerkette McDonald‘s in verschiedenen Ländern und wurde 1986 durch die britische Wochenzeitung The Economist eingeführt.

Das Prinzip ist einfach. Ein Big Mac kostet in den USA - dem Land mit der Basiswährung des Big Mac Index – derzeit 5,36 USD. In Großbritannien kostet der Burger 3,79 GBP. Der theoretische faire Wechselkurs zwischen US-Dollar und Britischem Pfund läge somit bei 0,71. Tatsächlich liegt der Wechselkurs jedoch bei 0,81. Das bedeutet laut dem Prinzip des Big Mac Index: Das britische Pfund ist um 12,9 % unterbewertet.

Vermögensverwalter: Schwellenländer Währungen so günstig wie vor 20 Jahren

Der Vermögensverwalter AllianceBernstein (AB) hält Schwellenländerwährungen für so günstig bewertet wie zuletzt vor 20 Jahren. Dabei geben auch Sammy Suzuki, Head Emerging Markets Equities, und Christian DiClementi, Lead Portfolio Manager Emerging Market Debt bei AB zu Protokoll, dass es sich bei dem Big Mac Index um einen "nicht ernst gemeinten Leitfaden" Bewertung von Währungen handele.

Der Index biete als Kaufkraftindikator jedoch einen interessanten Orientierungspunkt. So seien die meisten Schwellenländer Währungen derzeit relativ günstig bewertet. Die beiden Vermögensberater führen etwa den südkoreanischen Won (19,6 % Unterbewertung) und die Indische Rupie (41,2 %) an. Auch die Währungen Südafrikas, Taiwans und Indonesiens seien unterbewertet.

"Die historische Betrachtung zeigt, dass die Währungsbewertungen oft an die Marktentwicklung angelehnt waren. Im Jahr 2001 waren viele Schwellenländer Währungen zum Beispiel noch unterbewertet. In den darauf folgen-den zehn Jahren verbuchten EM-Aktien und -Anleihen einen erheblichen Zuwachs", so die beiden Vermögensverwalter gegenüber der "Börsen-Zeitung".

Der Grund sei damals die massive Rohstoffnachfrage aus China gewesen, die zu umfangreichen ausländischen Direktanlagen und Mittelzuflüssen in die Aktien und Anleihemärkte und damit auch die Währungen der Schwellenländer geführt habe.

2011 seien die meisten Schwellenländer Währungen dann überbewertet gewesen, was letztendlich zu einer makroökonomischen Verschlechterung geführt habe. Die Wertentwicklung der Aktien- und Anleihemärkte der Schwellenländer zwischen 2011 und 2022 sei dann sehr schwach gewesen.

Nun biete sich Anlegern auf den aktuellen Wechselkursniveau aus "eine gute Ausgangslage" für den Aufbau eines Portfolios aus Schwellenländer Aktien und Anleihen "mit attraktivem Erholungspotenzial".

Vielen Schwellenländer Währungen droht Abwertung

So optimistisch wie AllianceBernstein sehen nicht alle die Schwellenländer Währungen. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete kürzlich über mehrere im Verhandlungsstatus befindliche Rettungspakete des Internationalen Währungsfonds (IWF). Einige stark verschuldete Länder müssten ihre "Währungen opfern", um Zugang zu den Programmen zu erhalten.

Tatsächlich haben in diesem Jahr bereits mehrere hochverschuldete Länder - zum Beispiel Ägypten, Pakistan und der Libanon - ihre staatlich festgelegten Wechselkurse abgesenkt, um IWF Hilfen zu erhalten. Laut Bloomberg ersuchen mindestens zwei Dutzend Länder Hilfe vom IWF, eine regelrechte Welle von Abwertungen der Schwellenländer Währungen ist deshalb zu erwarten. Viele Länder leiden unter hohen Auslandsverbindlichkeiten, geringen Deviseneinnahmen und einer schwachen Konjunktur.

Charles Robertson, globaler Chefökonom bei Renaissance Capital Ltd. in London, brachte die Problematik damals gegenüber Bloomberg auf den Punkt: "Frontier-Länder kompensierten ihren Mangel an lokalen Ersparnissen durch Kreditaufnahmen im Ausland, als diese billig waren, und wurden nun von der Neubewertung der globalen Zinssätze hart getroffen".

Ein Alarmsignal liegt vor, wenn offizielle, festgelegte Wechselkurse nicht die tatsächlichen Wechselkurse "der Straße" widerspiegeln. Dies gilt etwa in Argentinien, wo der Peso zum offiziellen Wechselkurs rund doppelt so teuer ist wie auf dem Schwarzmarkt. In Nigeria wird der Naira auf dem informellen Markt zu etwa 755 pro Dollar gehandelt, während der offizielle Kurs bei etwa 460 liegt.

Auch die Währungen von Ägypten, Ghana, Sri Lanka, Simbabwe, Malawi, Äthiopien und Bangladesch stehen möglicherweise vor größeren Abwertungen. Wer in Schwellenländer Währungen investieren möchte, sollte deshalb genau hinsehen.